"GESTALTEN, ERHALTEN, MITEINANDER REDEN"
Das Projekt der Bettina-von-Arnim-Schule im Jahr 2000


Reflektionen über das Projekt aus der Sicht der Kolleg/innen

Reflektionen über das Projekt aufgrund eigener Beobachtungen und Gesprächen mit den Schülern/innen

Reflektionen über das Projekt unter Berücksichtigung der Partizipation und der Nachhaltigkeit

 

Reflektionen über das Projekt aus der Sicht der Kolleg/innen

Unser Projekt "GESTALTEN - ERHALTEN - MITEINANDER REDEN" knüpfte an zwei Absprachen zwischen (uns) Kolleg/innen in Haus 10 an:

1.
Wir wollten auf die zunehmende Zerstörung im Jahrgangshaus des damaligen 7. Jahrganges reagieren.
2.
Wir wollten, wie bisher, zeitweise mit unseren jeweiligen Stammgruppen während des Projektunterrichts zusammenarbeiten. Wir Stammgruppen-leiter/innen praktizieren seit Jahren im 2er- oder 3er-Team, aber auch als Großgruppenteam, die fächerübergreifende Arbeit mit unseren Stammgruppenschülern. Die Erfahrung in der Durchführung gemeinsamer Großgruppen-Projekte auch mit ökologischem Schwerpunkt, die daraus gewonnenen Kompetenzen für jeden einzelnen von uns und die Offenheit für Neues schaffte bei vielen von uns den Mut den Nachhaltigkeitsgedanken zu verfolgen und ein gemeinsames Projekt zum Thema "GESTALTEN - ERHALTEN - MITEINANDER REDEN" mit unseren Schüler/innen zu planen und durchzuführen.
 
Im Laufe der Vorbereitung und während der Durchführung dieses Projektes zogen sich leider immer mehr Kolleg/innen aus dem Arbeitsvorhaben heraus. Dies hatte mehrere Ursachen:
   
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Einige Kolleg/innen ließen sich nach anfänglicher Begeisterung bei der Konkretisierung von den zu erwartenden Schwierigkeiten abschrecken. Nicht alle Vertreter/innen des Jahrganges nahmen an der schulinternen Fortbildung teil bzw. ließen sich nach der Fortbildung auf eine Umsetzung des Nachhaltigkeitsgedankens ein.
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Gespräche mit den Kolleg/innen verdeutlichten uns auch, dass neben dem umfassenden und hohen Anspruch der Projektidee auch die zusätzliche zeitliche Belastung durch die Teilnahme an Veranstaltungen, wie Fortbildungen und Teamsitzungen, und dem damit verbundenen Zeitaufwand auch gerade die Erhöhung der Pflichtstundenzahl für Lehrer/innen in Berlin zum Schuljahr 2000/2001 zur Entscheidung führte, sich hier nicht zusätzlich zu engagieren.
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Einige Stammgruppenleiter/innen konnten sich nicht an der Hausgestaltung beteiligen, da die Stammgruppenschüler/innen kein Interesse hatten aktiv an der Gestaltung ihres Hauses teilzunehmen.
   
Eine Befragung der Kolleg/innen im November 2000 zeigte, dass von den 10 aktiven Kolleg/innen 2 Kolleginnen an keinem weiteren Nachhaltigkeits-Projekt teilnehmen werden, da sie sich nicht "verzetteln" bzw. nicht noch mehr "unter Druck" stehen wollen (erhöhter Zeit- und Arbeitsaufwand).



Reflektionen über das Projekt aufgrund eigener Beobachtungen und Gesprächen mit den Schülern/innen

Die Schüler wählten sich mit dem Stammgruppenleiter gemeinsam ihr Tätigkeitsfeld im Haus aus und waren dadurch an der Entstehung ihres zukünftigen Arbeitsbereiches beteiligt: Es sollten Stammgruppenräume, Unterrichtsräume, Mädchen- und Jungentoiletten gestaltet, Stühle und Schülerschränke bemalt werden.

I) Die Vorbereitung
Wichtig war uns Lehrer/innen, dass die Gestaltung des Hauses farblich harmonisch und in Abstimmung mit den bereits vorhandenen Schülerarbeiten wie Bilder und Wandteppiche sein sollte.
Zunächst fertigten die Schüler/innen farbig gestaltete Entwürfe an, die in der Stammgruppe besprochen und anschließend im Flurbereich des Hauses für alle Mitglieder sichtbar aushingen mit der Bitte um mögliche Änderungsvorschläge. Veränderungswünsche wurden von den Schüler/innen anderer Arbeitsbereiche kaum vorgebracht.

Kritik:
Die Vorbereitungsphase, in der die Räume ausgemessen und anschließend Skizzen der Veränderungen angefertigt wurden, empfanden einige Schüler/innen unnötig und zu zeitaufwendig; sie wollten lieber sofort mit der Arbeit beginnen. Auch wurde darüber geklagt, dass die Schüler/innen auf eine individuelle Bemalung ihres eigenen Schrankes verzichten mussten, damit die Farb- und Motivgestaltung des Erdgeschosses nicht gestört wird.

II) Die Arbeit und ihre Auswirkungen
Alle Schüler/innen nahmen aktiv an der Veränderung ihres "Bereiches" teil. Engagiert griffen Mädchen zum Beispiel zur Bohrmaschine und brachten die Halterungen für ihre gestalteten Spiegel an.
Eine Schülerbefragung nach Abschluss der Arbeiten zeigte uns, dass ein Großteil der Schüler/innen es generell begrüßte, an einer gemeinsamen Sache -der Hausgestaltung- gearbeitet zu haben. Sie äußerten auch, dass sie nun das Jahrgangshaus als "ihr Haus" empfinden und im Laufe der Zeit ein Gemeinschaftsgefühl gewachsen sei.
Unsere Beobachtungen bestätigen uns, dass unsere Schüler/innen auf ihr geschaffenes Werk stolz sind, denn sie zeigten ihre Arbeit anderen Schüler/innen. So entwickelte sich phasenweise ein "Haus-Tourismus". Schüler/innen anderer Jahrgänge schauten sich im Haus mit großer Bewunderung um. 7-Klässler fanden, dass dies das schönste Haus sei. Bei den 10-Klässlern war sogar Neid heraus-zuhören: "Woher haben die das Geld für die Spiegel? Wir haben das nicht ...?"
Auch Elterngespräche während des Weihnachtsbasars bestätigten, dass die Atmosphäre im Haus als wohltuend empfunden wird. Eine Mutter vermutet sogar, dass durch die Gestaltung der Räume sicherlich das Lernen gefördert werde und meinte ferner: "Ich bin froh, meine Tochter in diesem Jahrgang zu haben ".


Resümee:
Mit der Hausgestaltung versprachen wir uns auch, dass die Zerstörungen im Haus nachlassen werden. Leider traten bereits kurz nach Abschluss einzelner Schülerarbeiten erneut Zerstörungen an dem Selbstgestaltetem auf. Dies führte zunächst zu Enttäuschung und Ärger dann aber auch zu neuem Engagement. Während einer aus diesem Anlass einberufenen Großgruppenversammlung trat eine Schülerin an das Mikrofon, die die Sinnlosigkeit der Zerstörung beklagte: "Ihr wollt doch auch nicht, dass andere das kaputt machen, was Ihr gemacht habt".
Wir Lehrer/innen können zunächst noch keine deutliche Verhaltensänderung beobachten, weil uns auch die Möglichkeit zu einem direkten Vergleich fehlt. Es scheint aber nur eine sehr kleine Gruppe von Schüler/innen zu sein, die demoliert. Wir hoffen, aufgrund der stärkeren Identität zu ihrem Haus, dass andere Schüler/innen derartige Zerstörungen nicht dulden und sich einmischen. Auch die Pädagogen, die in diesem Jahrgang unterrichten, sind jetzt stärker angehalten bei Entdeckung von Zerstörungen zu reagieren.
Die Erhaltung des Hausinventars und der selbstgestalteten Arbeiten wird uns die nächsten Jahre noch begleiten und damit immer wieder zu Diskussionen -dem Miteinanderreden- führen. Auch die Gestaltung des Hauses muss noch nicht beendet sein, da jedes Hausmitglied die Fortsetzung der Hausgestaltung anregen bzw. auch selbständig weiterführen kann.

 

Reflektionen über das Projekt unter Berücksichtigung der Partizipation und der Nachhaltigkeit

Wir sehen durch die Arbeit in unserem Jahrgangshaus die drei Aspekte der Nachhaltigkeit (ökologischer, ökonomischer und sozialer Aspekt ) und die Partizipation nur teilweise erfüllt.

Partizipation
Mit diesem Projekt ist es uns erstmalig in unserem neuen Jahrgang gelungen, dass wir verschiedene Personen unseres Schuldorfes in unsere Arbeit miteinbeziehen und die Kommunikation der Schüler/innen untereinander bezüglich ihrer Belange fördern konnten:

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Eine Schülerin nutzte die Großgruppenversammlung erstmalig, um ihre Meinung bezüglich der erneuten Zerstörungen im Haus allen anderen Schüler/innen mitzuteilen.
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Schüler/innen berichteten ihren Eltern von den Veränderungen in ihrem Schulhaus, woraufhin die Elternvertreter während einer Gesamteltern-vertreterversammlung des 8. Jahrganges eine Begrünungsaktion um Haus 10 beschlossen und organisierten. An einem Freitagnachmittag wurden gespendete Pflanzen und Pflanzenzwiebeln in einer gemeinsamen Aktion von einigen Eltern, Schülern und Lehrer/innen gepflanzt.
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Durch die Besichtigung des Hauses von Schüler/innen anderer Jahrgänge werden durch Gespräche untereinander vielleicht weitere ähnliche Aktionen in anderen Häusern angestoßen.
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Von unserer Seite (Multiplikatoren des BLK-Programms) werden wir die in unserem Jahrgang gesammelten Erfahrungen auf verschiedenen Ebenen den Kolleg/innen der Schule mitteilen:
  a)Es erscheint ein kurzer Bericht in dem nächsten schulinternen    Informationsblatt.
  b)Wir nehmen an der nächsten Stammgruppenleitersitzung des 7. Jahrganges     teil, um anzuregen, dass das Projekt "Hausgestaltung" übernommen wird,     so dass sich in den zukünftigen 7. Jahrgängen die Hausgestaltung als ein     fester Bestandteil des Projektunterrichts etablieren kann.
  c)Es liegt eine Dokumentation unserer Arbeit im Internet vor.

Mit dem durchgeführten Projekt haben wir das vom BLK-Programm-21 geforderte Modul "Partizipatives Lernen in der Stadt" nur teilweise erfüllt. Das Ziel über unsere Schule hinaus zu wirken und Einfluss von dort zunehmen, war aufgrund der Themenwahl nicht erreichbar. Wir beabsichtigen in den nachfolgenden Projekten die Problemfelder auch außerhalb des Schuldorfes zu suchen, um so dem Anspruch gerechter zu werden.

Nachhaltigkeit
Am schwierigsten erscheint uns durch die Wahl unseres Projektthemas "Hausgestaltung", die Einhaltung der Nachhaltigkeitskriterien für Haus 10, obwohl der Titel unseres Projektes auf die drei Kriterien der Nachhaltigkeit hinweist.
GESTALTEN - ERHALTEN - MITEINANDER REDEN

Der ökonomische Aspekt
Die Beschaffung von Geldmitteln zur Gestaltung des Hauses war für uns kein vordergründiges Problem. Mit Beginn des Schuljahres 2000/2001 stand durch Beschluss des Finanzausschusses jedem Jahrgang ein Betrag von 600,- DM zur Nutzung für Belange des Jahrganges zur Verfügung. Ferner erhielten wir eine finanzielle Hilfe durch das BLK-Programm-21. Durch die gute finanzielle Ausstattung waren wir nicht gezwungen mit Spendenwünschen an die Eltern, den Förderverein der Schule und die umliegenden Firmen herantreten zu müssen. Auch senkte der überlegte Kauf der Materialien, z.B. der Spiegel für die Mädchentoilette über die "Zweite Hand", die Ausgaben.

Der ökologische Aspekt
Über den Kauf der "richtigen" Farben wurde immer wieder in der Lehrerstation diskutiert und ergab den Konsens: Die benötigten Farben müssen umweltverträglich, kratzfest sein und dürfen nicht teuer sein. Dies bedeutete konkret die Verwendung von wasserlöslichen Farben, da diese beim Trocknen keine organischen Lösungsmittel abgeben und relativ geruchsneutral sind. Die Stühle wurden mit Plaka-Farbe bemalt und anschließend mit wasserlöslichem Lack versiegelt, die Spiegel und Fliesen wurden mit "window-colour"-Farben bemalt. Die Schränke wurden mit Acrylfarben gestrichen. An dem Entscheidungsprozess -Öl oder Acrylfarbe- waren die Schüler nicht beteiligt, sie wurden aber kurz über die Wahl der Farbe informiert. Die Diskussion der Umweltverträglichkeit einiger Gestaltungselemente sollte zukünftig unter stärkerer Einbeziehung der Schüler erfolgen. Zunächst war dies ein Findungsprozess für die beteiligten Lehrer/innen.

Der soziale Aspekt
Das Projekt in Haus 10, das in den Schuljahren 1999/2000 bis 2000/2001 durchgeführt wurde, förderte das Umgehen miteinander und das Finden von Kompromissen. Die Schüler/innen kommunizierten intensiv und gingen kooperativ miteinander um. Das Bemühen um die Erhaltung des Geschaffenen wird uns immer wieder dazu zwingen, miteinander zu reden und Verantwortung zu übernehmen.
Bei diesem Projekt fand die Kommunikation hauptsächlich unter Gleichaltrigen statt, allerdings mussten sich immer wieder Lehrer/innen zwecks Beratung bzw. Schlichtung in die Schülergespräche einmischen.
Zukünftig sollen die Projektteilnehmer zu weiteren Schulangehörigen, aber auch zu Bewohnern des Märkischen Viertels und zu Personen bzw. Interessensverbänden des Bezirkes, der Stadt Berlin und des Umlandes Kontakt aufnehmen und sich so im größeren Rahmen engagieren.

 

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