Europaschule Regine Hildebrandt, Cottbus
Ein Erfahrungsbericht von Schulleiter Lothar NagelAlles nahm seinen Anfang 1990, als wir in der damals größten Plattenbausiedlung Brandenburgs an einer Schule unterrichteten, deren Schulhof aus Betonplatten bestand, den einige wenige junge Bäume zierten, die einen Schotterplatz als Sportplatz ihr eigen nannte, wo im Sommer wahre Staubkaskaden zum Himmel aufstiegen, wo im Winter die Fenster aufgerissen wurden, weil die Heizung nicht regulierbar war und Schüler/innen nach dem Unterricht diesen trostlosen Ort verließen (und das meist so schnell wie möglich).
So entwickelten wir Ideen unser Schulumfeld in eine grüne Lernoase zu verwandeln und gemeinsam mit Eltern, Lehrer/innen und Schüler/innen ein ökologisch verantwortliches Handeln in den Mittelpunkt unserer gemeinsamen Bemühungen zu stellen.
Wir suchten uns Verbündete auch außerhalb der Schule, bei Unternehmen, Ämtern, Vereinen und Verbänden.
In zwei Fünfjahresplänen, von 1990 bis 2000 verwandelten wir unsere trostlose Betonwüste in eine grüne Oase. So entstand ein Experimentiergarten, ein kleiner Park mit vielen einheimischen Gehölzen, ein Feuchtbiotop, eine Streuobstwiese, eine Kräuterspirale, der Schulhof wurde von einem Sponsor teilentsiegelt und mit Öko-Pflaster belegt, wir legten gemeinsam Rabatten und Rosenhügel an, gestalteten einen Staudenhügel, pflanzten Bäume und Sträucher, züchteten Blumen und gestalteten damit die Flächen. An diesen Aktionstagen für die Umwelt nahmen teilweise über 100 Eltern mit ihren Kindern teil.
In der Zwischenzeit hielten wir gute Erfahrungen in unserem Schulprogramm fest und schrieben ökologische Bildungs- und Erziehungsaufgaben in unseren schulinternen Rahmenplan.
Offensichtlich fand diese kontinuierliche Arbeit der Beteiligten auch Beachtung, denn nach sieben Jahren Antragstellung bekamen wir 1997 auch einen neuen Sportplatz.
Schüler/innen, Eltern und Lehrer/innen fühlten sich jetzt sichtlich wohl. Omas saßen jetzt auch am Wochenende auf unseren Bänken und strickten während die Enkel Roller fahren übten, spielten oder Fußball trainierten.
Nun erweiterten wir unsere Vision auf Pflege und Erhalt des Geschaffenen und widmeten uns dem Thema „Regenerative Energien“.
Wir wollten mit unseren Umweltgruppen einen Schritt weiter in Richtung Zukunft gehen. Mit der Globalisierung der Welt zeigten sich für uns auch die globalen Probleme sehr deutlich. In Abstimmung mit Eltern und Lehrer/innen waren wir uns schnell einig, dass wir die Kinder auf die auf sie zukommenden Herausforderungen des 21. Jahrhunderts noch gezielter und effektiver vorbereiten müssen.
So bekamen wir Kontakt zur für das BLK-Programm „21“ zuständigen Gruppe im Lisum Brandenburg und arbeiteten ca. 5 Jahre im Bereich „Agenda 21 – für eine nachhaltige Entwicklung“.
Die Kinder entwickelten den Klimaerlebnistag und gestalteten ihn für Jüngere. Sie bauten Sonnenuhren, Kollektoren und Sonnenkocher, beschäftigten sich mit dem Nutzen der Sonnenenergie, sorgten dafür, dass wir uns im Schulgarten mit warmem Wasser die Hände wachen können (vorausgesetzt die Sonne scheint), kochten mit Hilfe der Sonne bei Stadtteilfesten Kakao für die Kinder, grillten Würstchen mit dem Sonnenfinger, verarbeiteten die Daten aus unserer Solaranlage auf dem Computer (dazu schrieb uns die BTU-Cottbus ein Programm), besuchten die Firma Borngräber in Cottbus, die uns bei der Errichtung der Solaranlage (1,1 KW/p) und ihrer Betreibung unterstützte, organisierten nun schon zum vierten Mal die Lebensläufe mit der Welthungerhilfe und erlaufen in jedem Jahr über 1000 Euro zugunsten eines von Dürre und Hunger geplagten Landes und, und, und…
Die Kinder, Eltern und Lehrer/innen wurden mit ihren Projekten, Ideen und Taten Bundessieger der Aktion „Saubere Landschaften“, ein Bundessieger der Aktion „Jugend mit unendlicher Energie“, erhielten den Landesumweltpreis, wurden als Umweltschule geehrt, tragen das Agendasiegel der Stadt Cottbus, erhielten acht Mal den ersten Preis im Umweltwettbewerb der Stadt Cottbus und sieben Mal den zweiten Preis, wurden Offizielles Dekade-Projekt der UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ – und sicher habe ich noch etwas vergessen.
Aber das Schönste ist vielleicht, dass die Kinder ihre Umwelt bewusster wahrnehmen, sich engagieren, das Wunder der Natur mit bewahren helfen und sich Gedanken machen, wie sie damit umgehen wollen.
Viele unserer ehemaligen Schüler treffen wir bei Messen, Ausstellungen, Wettbewerben und anderen Events wieder, wenn sie mit Stolz ihre Ergebnisse der Umweltarbeit als Oberschüler oder Abiturienten demonstrieren – und Martin ist nicht der Einzige, der eine Ausbildung im Bereich Solarenergie und Wärmepumpen aufgenommen hat oder sich für ein Studium der Umwelttechnologie entschieden hat.
Unsere jetzige Tätigkeit beruht auf 15 Jahren gemeinsamer ökologischer Arbeit von Eltern, Schülern und Lehrer/innen. Diese haben wir über die vielen Jahre dokumentiert, analysiert und fortgeschrieben.
Mit der Verbreitung unserer Erfahrungen wollen wir allen, die Möglichkeiten und Anregungen aufnehmen wollen, ermuntern Ihnen den Weg vielleicht ein bisschen erleichtern, aber auch auf alle Fälle Mut machen für einen schönen, aber auch weiten und manchmal recht steinigen Weg.
Die ersten zwei detaillierten Projekte finden Sie auf unserer Homepage in der Rubrik „Von Lehrern für Lehrer“.
Wir selbst sind aber auch lange noch nicht am Ziel angekommen. Gemeinsam mit der Wirtschaft planen wir eine Bürgersolaranlage an unserer Schulfassade und wollen uns als nächstes der Windenergie widmen.
So lernen wir Lehrer/innen mit den Kindern und ihren Eltern, experimentieren, untersuchen, fragen nach, mischen uns ein.
Was hat sich verändert?
Wir haben uns verändert.
Lothar Nagel
Schulleiter der Grundschule EUROPASCHULE – Regine Hildebrandt, Cottbus
Website: www.rhg-cottbus.de